Rechte. Sicherheit. Freitheit.
Ein CSD ist für viele queere Menschen ein Ort der Sichtbarkeit, der Sicherheit und des Respekts. Die Veranstaltung sollte frei von Diskriminierung, Ausgrenzung und Beleidigung sein. Doch leider ist das nicht so. Einige verbinden einen CSD vor allem mit bunten Paraden, lauter Musik und viel Party. Der CSD aber ist sehr viel mehr als das. Der Christopher Street Day versteht sich als politische Versammlung, eine politische und kulturelle Veranstaltung die seit Jahrzehnten für Gleichberechtigung queerer Menschen weltweit einsteht.
Queere Personen müssen leider immer noch unterschiedlichste Formen gesellschaftlicher und rechtlicher Diskriminierung erleben. In einigen Länden ist die Situation für queere Menschen nach wie vor unerträglich oder wird wieder schlechter.
ANTIDISKRIMINIERUNG
Der CSD Zwickau möchte, dass sich jeder Mensch frei und sicher in Zwickau, in der Umgebung und anderswo bewegen kann, ohne das den Menschen Gewalt angetan wird oder sie gesellschaftliche Gewalt zu befürchten haben.
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt. Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ (Art. 2 GG)
Das steht im Grundgesetz, aber Menschen werden beleidigt, provoziert, bedroht und angegriffen. Eine demokratische und weltoffene Kommune darf das nicht hinnehmen! Wir stehen mit allen Menschen für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein, in der Diskriminierungen und Gewalt vor allem gegen marginalisierte Menschen nicht hingenommen werden.
Quelle:
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_2.html (Stand: 26.04.2023)
Verfolgung bei Hassverbrechen
Im § 46 Absatz 2 StGB steht: „Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: Die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch die rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende, […]“ Diese Beweggründe und Ziele des Täters sind auschlaggebend über die Höhe der Strafe. Die Formulierung „sonstige menschenverachtende“ Motive macht homo-, bi-, trans- und/oder interfeindliche Gewalttaten unsichtbar. Wir fordern daher eine Gesetzesänderung mit dem Zusatz „[…], homo-, bi-, trans-, ableistische, interfeindliche oder sonstige menschenverachtende […]“, damit Gewalt gegen queere* Menschen thematisiert und als solche rechtlich verfolgt wird.
Der CSD Zwickau möchte, dass Menschen nicht auf Grund ihres Geschlechtes oder ihrer Geschlechtszugehörigkeit unterdrückt, benachteiligt oder nach Stereotypen vorverurteilt werden.
In Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz heißt es: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“. Die Konkretisierungen im Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot finden sich in Artikel 3 unserer Verfassung. Homosexuelle wurden als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten 1949 hier bewusst nicht aufgenommen. Lange hatten schwule Männer und lesbische Frauen im demokratischen Nachkriegsdeutschland darunter zu leiden. Diesen Missstand gilt es zu korrigieren! Deshalb muss Artikel 3 Absatz 3 um das Merkmal der geschlechtlichen und sexuellen Identität ergänzt werden, denn nur das Grundgesetz bietet den universellen und unveränderbaren Schutz.
Geschlecht und Gender sind nicht binär. Sowohl biologisches als auch soziales Geschlecht sind vielfältig. Alle Geschlechter sind gleichberechtigt und sollten im Zwickauer Raum sichtbarer sein.
Frauen und Männer werden immer noch viel zu oft auf Grund ihres Geschlechtes von der breiten Masse unterschiedlich behandelt und stereotypisiert. Diese Problematik lässt sich in allen Bereichen, zum Beispiel auch im Profi-Sportbereich, aufzeigen.
Am Beispiel Frauenfußball wird deutlich, dass sportliche Leistungen von Frauen weniger interessieren und weniger gefördert werden. Im Gegenzug dafür wird Männern Stärke in allen Bereichen unterstellt und in der Öffentlichkeit eine sensible und emotionale Seite abgesprochen. Die Abwertung und vorurteilsbesetzte oder sexualisierte Objektivierung von Frauen und weiblich gelesenen Personen ist unvereinbar mit einer gleichgestellten und aufgeklärten Gesellschaft. Wir lehnen Sexismus in jeglicher Form und Weise ab.
Gesellschaftliche Sichtbarkeit sowie Schaffung einer politischen Interessenvertretung.
Seit Januar 2022 besitzt die queere Community in Deutschland eine offizielle Interessenvertretung: der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, vertritt die Interessen von LSBTIQ+ im Land, unterstützt bei Vorhaben wie der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes und betreibt Antidiskriminierungsarbeit (cf. BMFSFJ, 2022a).
In den einzelnen Bundesländern werden zwar auch vermehrt Stellen für Queer-Beauftragte geschaffen, jedoch herrschen hierbei nicht gerade die besten Bedingungen vor: geringe Vergütung auf Ehrenamtsbasis und starker Widerstand in den sozialen Medien sind einige der Herausforderungen, denen sich Nadja Roeder, Queer-Beauftragte der Stadt Kaiserslautern, bei Antritt ihres Amtes stellen musste (cf. Zobel, 2023).
In Zwickau fehlt eine derartige Interessenvertretung bisher vergeblich – das muss sich ändern! Wir benötigen kompetente Politiker*innen, die sich nicht nur nebenbei für die queere Community in der Stadt einsetzen.
Quellen:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/behoerden-beauftragte-beiraete-gremien/queer-beauftragter-der-bundesregierung-194278
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/kaiserslautern/queer-beauftragte-nadja-roeder-aus-kaiserslautern-100.html
https://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-queerpolitischer-aufbruch-alfonso-pantisano-wird-erster-queerbeauftragter-in-berlin-9665249.html
Die umfassende Entpathologisierung jeglicher Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags.
Viele der diskriminierenden Auflagen, die im Transsexuellengesetz (TSG) formuliert wurden, hat man mittlerweile als rechtswidrig erklärt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass trans* Personen keiner Demütigung mehr ausgesetzt sind, wenn sie ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen: nach aktuellem Stand müssen immer noch zwei Gutachten von Sachverständigen vorliegen, die oftmals erst nach der Beantwortung intimer Fragen ausgestellt werden und hohe Kosten nach sich ziehen (cf. BMFSFJ, 2022b).
Daher fordern wir die Abschaffung jeglicher entwürdigenden Prozesse zur Anerkennung der geschlechtlichen Identität!
Quellen:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gleichgeschlechtliche-lebensweisen-geschlechtsidentitaet/fragen-und-antworten-zum-selbstbestimmungsgesetz-199332 (Stand: 26.04.2023)
Ein Recht aufs eigene Geschlecht mit gesetzlich verankerter Finanzierung für selbstgewählte Transitionsmaßnahmen.
Wie die meisten medizinischen Eingriffe ist die geschlechtliche Transition eine kostspielige Angelegenheit. Ohne Übernahme durch die Krankenkasse könnten viele trans* Personen die anfallenden Kosten von 5000€ bis 15000€ und höher nicht stemmen. Damit die Krankenversicherung diese Kosten auch deckt, sind zwei psychologische Gutachten von Nöten, die die Transidentität unter ICD-11 einordnen und damit als „Krankheit“ gelten lassen (cf. Redaktion krankenkasseninfo.de, 2021).
Unserer Ansicht nach stellt der Zugang zu medizinischer Versorgung für trans* Personen eine Selbstverständlichkeit dar. Eine Geschlechtsidentität, die vom per Geburt zugewiesenen Geschlecht abweicht, darf nicht als psychische Erkrankung gehandelt werden!
Quelle: https://www.krankenkasseninfo.de/ratgeber/nachrichten/geschlechtsumwandlung-bei-transsexualitaet-was-bezahlt-die-krankenkasse-59952.html (Stand: 26.04.2023)
Das volle Recht auf Anerkennung der Elternschaften von trans* und nichtbinären Personen.
Trotz der Einführung der „Ehe für alle“ besteht noch Nachholbedarf im Familienrecht.
- Für Kinder, die in einer heterosexuellen Ehe geboren werden, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch die Elternschaft bzw. die Vaterschaft von Kindern eindeutig. Das BGB legt fest, dass der Vater eines Kindes ist, wer mit der Mutter verheiratet ist; auch wenn die Ehefrau zum Beispiel durch eine künstliche Befruchtung mit fremder DNA schwanger geworden ist. Für Kinder in lesbischen Ehen gelten diese Regelungen nicht. In lesbischen Ehen müssen nicht biologische Mütter eine Stiefkindadoption durchführen, um das Sorgerecht für ihr eigenes soziales Kind zu bekommen und dabei einen teilweise erniedrigenden Prozess auf sich nehmen.
Diese Ungleichbehandlung ist eine strukturelle Diskriminierung per Gesetz und muss beseitigt werden.
- Außerdem müssen zusätzlich Regelungen geschaffen werden um mehr als zwei Personen gleichzeitig die Elternschaft zu ermöglichen. Die rechtlichen Belange von (queeren) Patchwork Familien und Mehrelternschaft ist gesetzlich nicht anerkannt und geregelt. Es werden immer nur zwei (meist die biologischen) Elternteile eingetragen. Das bildet nicht die soziale Situation von Familien in Deutschland ab.
Wir fordern eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und einen uneingeschränkten Zugang zum deutschen Gesundheitssystem für Geflüchtete, sowie einen hürdenlosen Zugang zu Transitionsmaßnahmen für trans* Refugees.
- Wir fordern eine menschenwürdige Behandlung und Unterbringung von LSBTIQ+ Geflüchteten sowie eine bedarfsgerechte Finanzierung von Beratungs-, Wohn- und Hilfsangeboten.
- Wir begrüßen, dass viele Städte, so auch in Leipzig, Dresden und Chemnitz, Projekte zur sicheren Unterbringung queerer Geflüchteter geschaffen haben. Diese müssen erhalten bleiben und ausgebaut werden. Gleichzeitig gilt es ebenso Strukturen im ländlichen Raum aufzubauen. Gleiches gilt für die finanzielle Unterstützung der Organisationen, die als Träger dieser Unterkünfte fungieren. Die Unterbringung muss dezentral erfolgen, da es bei einer separaten Unterbringung in einer Sammelunterkunft zum Zwangsouting und infolgedessen zu Diskriminierung kommen kann.
- Verfolgung aufgrund von Homosexualität wird von der EU als Asylgrund anerkannt. Wegen ihrer Erfahrungen, aus Angst, Scham oder weil sie nicht wissen, dass sie es erwähnen dürfen, sprechen viele Geflüchtete in der Anhörung nicht darüber. Hinzu kommen grenzüberschreitende Fragen seitens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für die Anhörungen vor dem BAMF müssen kostenfreie, kompetente Sprachmittler*innen zur Verfügung stehen, die in LSBTIQ+ Themen geschult und sensibel sind. Asylsuchende dürfen nicht schon deshalb als unglaubwürdig eingestuft werden, weil sie bei der Glaubwürdigkeitsprüfung intime Aspekte ihres Lebens nicht offenbaren wollen. Entsprechende „Tests“ auf ihre sexuelle Orientierung lehnen wir ab.
- Ein Staat, in dem LSBTIQ+ verfolgt werden oder in der Homosexualität unter Strafe steht, kann kein sicheres Herkunftsland sein! Die Regelungen zu sogenannten sicheren Drittstaaten müssen im Hinblick auf Sicherheit für LSBTIQ+ und Frauen im Allgemeinen sowie im Hinblick auf eine notwendige medizinische Versorgung (z.B. von HIV-Positiven) überarbeitet werden.
Wir fordern die adäquate Unterbringung und gesundheitliche Versorgung von trans* und nichtbinären Personen in den deutschen Gefängnissen.
Konzepte für die adäquate Unterbringung und gesundheitliche Versorgung von trans* und nichtbinären Personen müssen in den deutschen Gefängnissen entwickelt und ausgebaut werden.
Wir fordern Schutzhäuser für ALLE!
Wir fordern eine Öffnung der Frauenschutzhäuser. Wohnungsloseneinrichtungen und Drogenberatungsstellen für trans*, inter* und nichbinäre Personen oder die Zurverfügungstellung ausreichender Alternativangebote zu bestehenden Möglichkeiten, um allen die soziale Sicherheit und die Unterstützung zukommen zu lassen, die auf sie angewiesen sind.
Wir fordern die Abschaffung des sogenannten Prostituiertenschutzgesetzes, eine umfassende Entkriminalisierung von Sexarbeit und ein Ende der gezielten polizeilichen Repressionen gegen Sexarbeitende.
Wir fordern:
- Entkriminalisierung der Sexarbeit und Entstigmatisierung der Sexarbeiter*innen.
- Wir fordern die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeitenden mit anderen Erwerbstätigen.
- Wir fordern die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen.
- Wir fordern den Ausbau der Gesundheitsversorgung für Menschen in der Sexarbeit.
- Wir fordern eine Gleichbehandlung der Sexarbeit mit anderen körpernahen Dienstleistungen in den Corona Verordnungen.
- Formuliert von Phoenix e.V. -
Die Ungleichbehandlung der Menschen in der Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigen sorgt weiterhin für Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung aller Sexarbeiter:innen. Das Prostitutionsgesetz von 2002 war ein Schritt in die richtige Richtung. Seitdem ist Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig und der Lohn einer erbrachten Dienstleistung kann eingeklagt werden. Aber die Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit fehlt trotzdem. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 allerdings führt zu einer weiteren Stigmatisierung von Sexarbeiter:innen, da sie sich einem entmündigenden Anmeldeverfahren unterziehen müssen und einen Ausweis mit sich führen, der zeigt, dass sie der Sexarbeit nachgehen. Wer entscheidet, den Prostituiertenausweis nicht zu beantragen und sexuelle Dienstleistungen anbietet, hat mit Bußgeldern und Kriminalisierung zu rechnen. Dies hat nichts mit sozialer und rechtlicher Gleichstellung zu tun. Es führt auf keinen Fall zur Wertschätzung, Akzeptanz und Anerkennung dieser Berufsgruppe, obgleich in Deutschland das Recht auf freie Berufswahl besteht und somit auch Menschen in der Sexarbeit dieses Recht zusteht. Um die Gleichstellung von Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigkeiten zu erreichen, braucht es einerseits Aufklärung in allen Bevölkerungsschichten, um Entstigmatisierung und Antidiskriminierung voranzutreiben. Andererseits zur Entkriminalisierung braucht es Nachbesserung von gesetzlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren sind unsachliche und emotionsgeladene Debatten über ein Sexkaufverbot nicht förderlich für den Abbau von Diskriminierung und Ausgrenzung. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass Sexarbeit von der Politik oft anders behandelt wird. In vielen Bundesländern mussten Sexarbeiter:innen erst durch Klagen die Öffnungen ihrer Arbeitsorte erstreiten. Seit November 2020 ist Sexarbeit wieder verboten. Sexarbeit steht als fast einzige Erwerbstätigkeit an letzter Stelle der geplanten Lockerungen.
Wir fordern die Anerkennung der Asexualität als gleichwertige sexuelle Orientierung.
Asexualität ist eine Form der sexuellen Orientierung und beschreibt Menschen, die keine oder nur eine geringe sexuelle Anziehung zu anderen Menschen haben. In einer derart sexualisierten Gesellschaft, in der wir aktuell leben, werden Menschen, die wenig oder kein sexuelles Begehren empfinden und nicht darunter leiden, schnell als krankhaft bewertet oder sie verschwinden in der Unsichtbarkeit.
Wir möchten mehr Toleranz und Respekt innerhalb der LSBTIQ+-Communities in Westsachsen.
Klischees, Stigmatisierungen und Vorurteile zu Sex zwischen Männern, die Sex mit Männern haben [MSM], gegenüber Sexworker*innen, Geflüchtete, Migrant*innen, BIPoC, behinderte Menschen, Drogengebrauchenden, HIV-Positiven und PrEP-User*innen existieren auch innerhalb von LSBTIQ+-Communities. Es finden Ausgrenzungen und gleichzeitige Exotisierung auf Grund von Aussehen, Hautfarbe, Alter, sexuellen Vorlieben, HIV oder Statussymbolen statt. Dies alles darf keine Rolle in Westsachsen oder anderswo spielen.
Wir fordern mehr Akzeptanz in den LSBTIQ+-Communities/-Szenen untereinander und rufen dazu auf, stigmatisierendes Schubladendenken und ausgrenzendes Verhalten abzulegen, sich kritisch mit antiquierten sexualmoralischen Vorstellungen auseinanderzusetzen und MSM vorurteilsfrei in Bezug auf ihre Lebensweisen und sexuellen Handlungen zu begegnen.
Wir unterstützen die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen und fordern daher die Schaffung von Barrierefreiheit.
Menschen mit Beeinträchtigung werden zu großen Teilen durch Barrieren und fehlende gesellschaftliche Zugänge in ihrer Selbstbestimmung und Lebensführung eingeschränkt. Da diese Barrieren vermeidbar sind und verändert werden können, fordern wir mehr Barrierefreiheit für diese Menschen.
Die Weiterführung des Landesaktionsplans zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen.
Die Staatsregierung von Sachsen hat sich durch Verabschiedung des Landesaktionsplanes[3] im Jahr 2017 für die Akzeptanz der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt bekannt. Der Freistaat Sachsen hat die Antidiskriminierungscharta im Jahr 2016 unterzeichnet und trägt damit zu einer offenen Gesellschaft bei. Im März 2019 hat der Freistaat die Charta der Vielfalt durch den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Ein weiterer Schritt zu einer offenen Gesellschaft, die von Vielfalt und Wertschätzung profitiert. Daher ist es umso selbstverständlicher, dass das dazugehörige Landesprogramm weiter fortgeschrieben und mit ausreichenden Mitteln im sächsischen Haushalt veranschlagt wird.
Die Lebensverhältnisse sind in den beschriebenen Gruppen immer noch nicht gleichwertig und gleichberechtig vorhanden. Im Abstammungsrecht sind z.B. Fragen wie das Kindschaftsverhältnis von Menschen, die den Geschlechtseintrag[4] “divers“ haben nicht geklärt. Im Abstammungsrecht wird die Ehe ungleich behandelt. So müssen auch gleichgeschlechtliche Ehepaare bei Geburt eines ehelichen Kindes die Anerkennung erstreiten, wobei dies bei anderen Ehen automatisch anerkannt wird.
Im Adoptionsrecht werden gleichgeschlechtliche Ehepaare nicht gleichwertig behandelt und müssen nacheinander eine Anerkennung durchführen. Diese Ungleichbehandlung schadet dem Kindeswohl und es besteht Rechtsunsicherheit für das Kind. Das kann nicht länger hingenommen werden. Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden.
Wir fordern daher:
- Gleiche Rechte für alle Beziehungskonzepte. Entkopplung von Eherecht und Abstammungsrecht. Vielfältige Familienformen stärken. Familien stärken
- Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 GG[5]um die Merkmale Körper, sexuellen Orientierung
Quellen:
[3] https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/29799
[4] „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“vom 17.12.2018 (BGBl. I S. 2573).
[5] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_3.html ,zuletzt aufgerufen am 29.09.2021,13:15:26 Uhr
MEDIZIN
Die Gesundheitsversorgung von queeren Menschen in Deutschland und besonders in Sachsen ist lückenhaft und barrierereich.
Wir fordern die medizinische, psychologische und psychosoziale Versorgung von ALLEN.
Die medizinische, psychologische und psychosoziale Versorgung von Menschen, auch ohne Aufenthaltsstatus, ist dauerhaft sicherzustellen.
Wir fordern das Ende von Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV!
- Formuliert von Aidshilfe Westsachsen e.V. -
– an die heteronormative Gesellschaft an Zwickau und in Westsachsen:
Nur ein offener und selbstbewusster Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität kann zu adäquatem HIV/STI-Testverhalten führen, das sich wiederum auf dem Gebiet der sexuellen Gesundheit als ein Gewinn für das allgemeine Gesundheitssystem auswirken kann.
Wir fordern die heteronormative Gesellschaft auf, die Vielfalt von sexuellen Orientierungen und Gender anzuerkennen und einen wertschätzenden mit LSBTIQ+-Personen umzugehen. Wir rufen dazu auf, sich dem Thema queer zu öffnen und die eigenen Einstelllungen zu reflektieren, Ängste abzubauen und den Fakt anzuerkennen, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist.
– an die kommunale und landesweite Politik in Zwickau und Sachsen:
Nur durch umfassende Aufklärungsarbeit zu HIV/STI sowie hinreichende und niedrigschwellige Zugänge zu Beratungen, Testungen, Behandlungen, Safer Sex- und Safer Use-Materialien können die Infektionszahlen weiter reduziert werden. Wir fordern die Politik auf Drogengebrauchende zu entkriminalisieren und entsprechende Beratungsstätten finanziell zu fördern.
– für ein selbstverständlich positives Leben mit HIV in Zwickau und anderswo:
Wir fordern HIV-positive Menschen auf, sich mit der eigenen HIV-Infektion reflektiert auseinander zu setzen, die Scham und das gesellschaftliche Stigma abzustreifen und sich einen offenen und selbstverständlichen Umgang mit der eigenen HIV-Infektion anzugewöhnen. Nur so kann HIV-bezogenes Selbststigma, Stigmatisierung und Diskriminierung ein Ende finden und ein selbstverständlich positives Leben mit HIV ohne Angst, ohne Scham und ohne Verstecken stattfinden!
Queere Frauen und lesbische Identität
- Formuliert von Aidshilfe Westsachsen e.V. -
– Mehr Sichtbarkeit der vielfältigen lesbischen Identität
Wir fordern, lesbisches Leben in der Gegenwart und Geschichte sichtbar zu machen, denn je unsichtbarer Lesben sind, desto weniger Geltung haben sie in der Mehrheitsgesellschaft. Wir wollen, dass Lesben in der Gesellschaft akzeptiert, stereotype Bilder von Lesben aufgelöst werden und die vielfältige lesbische Kultur in all ihren bunten Facetten authentisch gezeigt und zum Ausdruck gebracht wird.
Ebenso fordern wir die Sichtbarmachung queerer Frauen, weiblicher Liebe und Sexualität. Diese ist individuell und sollte frei von Stereotypen akzeptiert und zelebriert werden. Wir sprechen uns dabei klar gegen Biphobie und Transfeindlichkeit aus.
Im Zuge dessen fordern wir eine reale und positive Berichterstattung über Lesben und queere Frauen in den Medien. Wir fordern positive Repräsentation und Vorbilder.
– Keine Gewalt gegen Lesben und Frauen
Wir stellen uns offen gegen physische und psychische Gewalt und fordern die ganze Gesellschaft dazu auf, hinzuschauen und bei der Wahrnehmung von Diskriminierung und Gewalt zu handeln. Solidarität zu zeigen ist ein wichtiges Mittel zur Gewaltprävention. Deshalb sollten wir klare Signale senden, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im privaten Umfeld und überall. Auch Beratungsstellen und Frauenhäuser sind wichtige Institutionen, die dringend Unterstützung benötigen.
– Besser zugängliche Reproduktionsmedizin
Wir fordern, einen niederschwelligen Zugang zu Reproduktionsmedizin und eine gerechte, nicht stigmatisierende Abtreibungspolitik, welche Menschen mit Uterus und ihre Selbstbestimmungsrechte zentriert.
Gesetzliches Verbot nicht notwendiger medizinischer Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern. Wir fordern eine umfassende Aufklärung über und gesellschaftliche Anerkennung von Intergeschlechtlichkeit als Variante von Geschlechtlichkeit.
- Medizinische Eingriffe dürfen nur erfolgen, wenn einwilligungsfähige Menschen eine selbstbestimmte Entscheidung getroffen haben und sonst nicht! Endlich gibt es ein OP-Verbot an intergeschlechtlichen Kindern, endlich können sie in ihrem Körper aufwachsen.
- Eine Änderung des Geschlechtseintrages ohne pathologisierende oder stigmatisierende Bescheinigungen muss jederzeit möglich ist.
Wir fordern das Verbot von Konversions”therapien”.
- Text von CSD Leipzig e.V. -
Konversions„therapien“ dienen der vermeintlichen „Heilung“ von Homosexualität und trans- oder intergeschlechtlicher Identitäten. Den Begriff der Therapie lehnen wir für diese Form der Behandlungen ab, da er intendiert, dass es etwas zu therapieren gäbe. Homosexualität, Trans- und Intergeschlechtlichkeit sind jedoch keine Krankheiten, die geheilt werden müssten. Vielmehr sorgen diese Behandlungen für massives seelisches und körperliches Leid.
Wir begrüßen daher das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG) vom 12.06.2020 und insbesondere das Werbeverbot für solche Behandlungen.
Verboten werden in § 2 KonvBehSchG Konversionsbehandlungen an unter 18-Jährigen und Behandlungen von “Personen, die zwar das 18. Lebensjahr vollendet haben, deren Einwilligung zur Durchführung der Konversionsbehandlung aber auf einem Willensmangel beruht” (§ 2 Abs. 2 KonvBehSchG). Durch diese Formulierung wird der Umgehung des Verbotes durch Kleingedrucktes, Täuschung etc. weiterhin Tür und Tor geöffnet. Zudem bedürfen neben den Jugendlichen/Minderjährigen auch junge volljährige Menschen zwischen 18 und 27 Jahren einen besonderen Schutz vor solchen “Therapien”. Denn mit der gesetzlichen Volljährigkeit tritt nicht gleichzeitig auch zwangsläufig die vollwertige persönliche Reife und Stabilität ein. Diese Personengruppe ist besonders anfällig für vermeintliche Heilsversprechen.
In § 5 KonvBehSchG wird für die Durchführung von Konversionsbehandlungen trotz Verbotes eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr angedroht. Auch Eltern können sich strafbar machen. So heißt es in Absatz 2, dass die Strafvorschrift “nicht auf Personen anzuwenden [ist], die als Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte handeln, sofern sie durch die Tat nicht ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich verletzen.” In unseren Augen verletzt jede fürsorgeberechtigte oder erziehungsberechtigte Person ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich, wenn sie einem Menschen eine solche “Therapie” antut.
Die menschenverachtenden Konversion”therapien” bzw. Konversionsbehandlungen gehören nach unserer Auffassung gänzlich verboten, ohne Ausnahme.
Quelle: Bundesgesetzblatt BGBl. Online Archive - Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen
BILDUNG
Unkenntnis und Vorurteile gegenüber queeren Menschen, stellen eine wesentliche Triebfeder für Diskriminierungen bis hin zu Gewaltdelikten dar. Dies kann sich nur durch umfassende Aufklärungs-, Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit verändern.
Wir fordern, das queere Leben in allen Bereichen der Bildung aktiv einzubinden und zu lehren. Lehrpersonal sowie Mitarbeiter*innen staatlicher Institutionen und Pädagogen*Pädagoginnen müssen sensibilisiert und aufgeklärt werden.
Wir fordern:
- Lern- und Reflexionsräume, um geschlechtliche Vielfalt in Lehrplänen zu verankern und sichtbar zu machen. In Büchern zu ethischen und biologischen Fragen Geschlecht nicht mehr als binär oder von Klischees bestimmt darstellen.
- Schaffung von Weiterbildungsangeboten zur geschlechtlichen Vielfalt in allen Schulformen verpflichtend für alle Lehrer*innen und in der Schulsozialarbeit
- Menschen, die mit Geflüchteten arbeiten (in Unterkünften, Behörden usw.), müssen für die Belange von LSBTIQ+ sensibilisiert und geschult sein.
- Sexualaufklärung und Schutz vor übertragbaren Krankheiten (STI) verpflichtend im Lehrplan verankern.
Der Diskriminierung von queeren Menschen muss durch eine aktive Aufklärungs- und Bildungspolitik entgegengewirkt werden. So fordern wir ein kontinuierliches Engagement des sächsischen Landtags, Informationen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, fächerübergreifend und altersgerecht in Lehrplänen und Unterrichtmaterialien aufzunehmen.
Gleichzeitig muss queere Bildung als Teil umfassender Menschenrechtsbildung in pädagogischen Aus- und Fortbildungsrichtlinien verankert werden, um vorurteils- und diversitätsbewusste Haltung zu fördern. Unsere Lehrkräfte sind dafür verantwortlich, dass alle Schüler*innen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und Geschlecht, in ihrer Entwicklung unterstützt und im Schulalltag nicht diskriminiert werden. Gerade homo- und trans*feindlichen Aussagen muss deutlicher widersprochen werden, damit die Ablehnung nicht in den Alltag übergreift und dort in gewalttätigen Handlungen eskaliert.
Dazu braucht es Lern- und Reflexionsräume, in der queere Geschichten erzählt und gehört werden können, um Jugendliche für Diskriminierung zu sensibilisieren. Wir fordern deshalb die nachhaltige Förderung von Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekten.
Das sächsische Schulgesetz legt fest, dass Schüler*innen befähigt werden sollen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten. Wir fordern, dass dieser Bildungsauftrag im schulischen Alltag konsequent umgesetzt wird, damit Schule zu einem sicheren Ort für alle wird.
Um eine umfassende Aufklärung, über die schulischen Grenzen hinaus, zu gewährleiten, ist es unumgänglich Themen wie sexuelle Aufklärung, geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten (STI), HIV, Sexarbeit, Menschen mit Behinderung in allen Bildungsebenen, egal ob in universitären Curricula; therapeutischen, pflegenden oder pädagogischen Ausbildungen, aktiv einzubinden.
Wir fordern ebenfalls eine Überarbeitung der Lehrmaterialen bezüglich der binären und klischeehaften Darstellung von Geschlecht in ethnischen und biologischen Fragen.
Sensibilisierung der Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden für queere Bedürfnisse und Ansprechpersonen.
Queere Personen können sowohl Betroffene als auch Täter*innen von Straftaten sein, deshalb ist es wichtig, dass die Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden, Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte und Justizvollzugsanstalten, für queere Themen sensibilisiert werden.
Regelmäßige Fort- und Weiterbildung zum diskriminierungsfreien Umgang mit queeren Personen sind regelmäßig durchzuführen.
Wir fordern, dass ältere LSBTIQ+ in der Gesellschaft hör- und sichtbarer werden.
Status in der Gesellschaft
Für die Community älterer LSBTIQ+ muss mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit geschaffen werden. Ihre Belange sollten von der Politik berücksichtigt werden. Ein stärkerer Einbezug ins gesellschaftliche Leben ist ebenfalls notwendig.
Leben in Stadt und Land, Freizeit
Treffen für ältere queere Menschen sind – gerade im ländlichen Raum – für eine effektive Vernetzung unabdingbar. Dabei sollen neben den Bildungs- und kulturellen Bedürfnissen auch Mobilitätsfragen und Forderungen nach Sport und Bewegung nachgekommen werden.
Gesundheit, Pflege, Sterben
Spezifische Gesundheitsfragen müssen identifiziert und evaluiert werden. Dazu trägt auch ein Austausch innerhalb der queeren Community bei. Die Entwicklung spezifischer Unterstützungsangebote ist ebenso grundlegend wie die Berücksichtigung von LSBTIQ+ mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Queersensible Pflegeeinrichtungen und -angebote sowie eine entsprechende Qualifizierung von Pflegefachkräften tragen zur Erfüllung dieser Standards bei. Dazu zählen auch Angebote der Trauer- und Sterbebegleitung sowie der würdevolle Umgang mit älteren LSBTIQ+ in Kliniken und Hospizen.
Liebe
Auch in Bezug auf Intimität im Alter sollten queere Menschen mit Behinderung angesprochen werden. Es bedarf einer stärkeren Thematisierung und der Enttabuisierung von Liebe und Sexualität älterer LSBTIQ+. Dazu trägt die Schaffung von Begegnungsplattformen bei.
Wohnen
Konzepte für gemeinschaftliches Wohnen müssen entwickelt und ausgebaut werden. Auch hier bedarf es einer Unterbringung, die auf die speziellen (Im-)Mobilitätsverhältnisse zugeschnitten ist. Plattformen für gemeinsames Wohnen im Sinne einer WG-Suche müssen angeboten werden. Gegenseitige Unterstützungsmöglichkeiten, darunter gemeinsames Wohnen für die häusliche Pflege, sollten nicht außer Acht gelassen werden.
Stand: 30.05.2024